Ein Meer aus Grün und Blau

Die 145 Kilometer von Plužine nach Dobrota, das kurz vor Kotor liegt, sind eigentlich in gut zwei Stunden machbar. Aber statt wie üblich ein bisschen länger zu haben, brauchten wir geschlagene fünf Stunden. Nicht etwa wegen der kilometerlangen Baustelle mit Schotterpiste, denn dort konnten wir mit unserem Allradantrieb trumpfen und vor uns fahrende PW überholen (die Strassenarbeiter grinsten, die Fahrer der Kipplaster hupten und winkten). Es war wegen der fantastischen Aussicht, die uns immer wieder anhalten liess. Die Landschaft ist hügelig, kaum eine fussballfeldgrosse Ebene zu sehen und wenn, dann steht dort ein Haus oder sie wird landwirtschaftlich genutzt. Überall das satte Grün der Bäume und Büsche und dazwischen die zerklüfteten, fast weissen Felsen. Und ab und zu ein See oder Fluss in den unterschiedlichsten Blau- und Türkistönen. Es war genial. Da störte es auch wenig, dass die an der Baustelle überholten PW wieder an uns vorbeizogen…

Unterwegs hielten wir bei einem Kloster, das wegen dem Bau einer Staumauer einige Kilometer verschoben werden musste. Das ist umso eindrücklicher, als die Wände übersät sind mit prunkvollen und äusserst fragilen Fresken. Das Innere steht im krassen Gegensatz zum Äusseren, das sehr einfach gehalten und kaum als Kirche zu erkennen ist. So konnte sie die Besatzung durch das Osmanische Reich unbeschadet überdauern.

Als wir uns der Küste näherten, hatten wir volle Sicht auf die Fjorde und die Inseln. Riesige Kreuzfahrtschiffe zwängen sich durch die Meeresenge bei Kamenari und spucken ihre gut 2000 Passagiere für einige Stunden in Kotor aus. Entsprechend geschäftig ist die hinter dicken Mauern verschanzte Altstadt, geprägt von alten Steinhäusern, glatt geschliffenem Kopfsteinpflaster und seinen drei orthodoxen Kirchen. Die 1300 Stufen hoch zum Fort planten wir am frühen Morgen in Angriff zu nehmen, bevor die Sonne brennt und das Kassahäuschen bedient ist. Aber ein seltsames Geräusch am Bus veranlasste uns, eine Garage statt das Fort aufzusuchen.

Die Ursache war schnell gefunden: Die Stabilisatorenstange vorne links war verbogen und schleifte an der Vorderachse. Sie war dann innert wenigen Minuten entfernt. Etwas kniffliger gestaltete sich die Beschaffung der Neuen. Wir verbrachten den Wartetag mit Milic, der für uns in der Garage übersetzte und der wunderbar renovierte Steinhäuser vermietet. Übrigens ist Montenegro das Land mit dem grössten Tourismus-Potenzial - bereits zum dritten Mal in Folge.

Nachdem in ganz Montenegro kein passendes Teil gefunden wurde, riet man uns, nach Albanien zu fahren, dort sei die Chance grösser. Und wenn man langsam fahre und Schläge vermeide, gehe es gut ohne. Naja, von Kotor nach Shkudër sind es immerhin rund 100 Kilometer, aber was blieb uns anderes übrig? Als dann auf halber Strecke die Windböen heftiger wurden und ein Gewitter aufzog, beschlossen wir, den Bus stehen zu lassen und im Hotel zu übernachten. In der Zwischenzeit hat unser Mechaniker seine Beziehungen spielen lassen und tatsächlich ein passendes Teil gefunden.

Nun sind wir in Shkodër, der fünftgrössten Stadt Albaniens, warten auf Post aus der Schweiz und hoffen, dass Markus – ein Aircraft Engineer bei der Swiss, den wir hier im BnB angetroffen haben – das Ersatzteil einbauen kann und wir möglichst bald wieder unterwegs sind. Wir werden künftig noch besser darauf achten, keine Schlaglöcher mehr zu treffen.