Die Menschen schlafen noch. Ich fotografiere den Sonnenaufgang am Hafen von Krk. Als ich vom Kameradisplay aufschaue, blicke ich in ein freundliches Gesicht. Der alte Mann schaut sich mein Foto an. Als ich ihn frage, ob es ihm gefällt, hebt er die Schultern und lächelt. Er habe früher reiche Touristen rausgefahren, um Sonnenaufgänge zu fotografieren. «Die Sonne zeigt sich hier manchmal riesig gross und blutrot». Jetzt beobachtet er seinen Enkel, der draussen im Hafen in einem Gummiboot die Angelschnüre reinholt, die über Nacht an Korken im Wasser dümpelten. Ob er selbst denn noch arbeite, frage ich ihn. Er sei sein Leben lang Fischer gewesen, aber mit 81 Jahren habe er genug. Er grinst. «Früher haben wir in einer Nacht für über 1000 Euro Fische an Land geholt. Jetzt ist das bisschen Meer zwischen der kroatischen Küste und Italien leer.» Damals habe man halt alle Abwässer in die See gepumpt. Jetzt, mit den Touristen, sei man schlauer geworden, doch die Fische sind weg.
«Das Leben heute ist hart. Meine Frau und ich müssen mit 300 Euro Rente auskommen. Mein Schwiegersohn schuftet für 500 Euro im Monat. Das ist doch kein Leben mehr.» Seit dem Krieg und dem Zerfall Jugoslawiens sei nicht nur die Währung bachab gegangen, sondern auch die Moral. «Die Bank hat mir, als es mit dem Einkommen eng wurde, den Kredit zurückgefordert und mir mein Haus wegen 5000 Euro zwangsversteigert.»
Der Junge in seinem blauen Gummiboot nähert sich dem Steg. Das Gesicht des Alten hellt sich auf. Er hilft seinem Enkel hoch und schaut in den mitgebrachten Eimer. «Leer», sagt er wenig erstaunt. Die Sonne hat sich vom Horizont gelöst. «Zeit, die anderen Schnüre zu kontrollieren. Der Tag wird schön und vielleicht haben die Fische am anderen Ort gebissen.»