Gosha wuchs in Sibirien auf. Er studierte in Moskau und arbeitete in der IT-Branche. Schon als Kind wollte er nach Georgien – dem Sehnsuchtsort vieler Russen. Das Land hinter dem Kaukasus verheisst mildes Klima, gutes Essen, ausgezeichneten Wein und schöne Frauen.
Anfangs 40 brach er mit seinem bisherigen Leben und emigrierte nach Georgien. Ein Jahr lang vagabundierte er umher und probierte die verschiedenen Landesregionen aus: in den Bergen Swanetiens lag ihm zu viel Schnee, in Batumi am Schwarzen Meer wars zu feucht und in Kachetien zu provinziell. Schliesslich fand er seine neue Heimat in Tiflis.
Das Zeichnen und Malen hat er sich selbst beigebracht. Seine gestalterischen Fähigkeiten sind über die Jahre gewachsen und mit ihnen auch der Mut, seine Ideen grossflächig umzusetzen. Seit Mitte 2016 malt er draussen, die Strasse gleichzeitig Atelier und Galerie.
Goshas mittlerweile 40 Werke sind über die ganze Altstadt von Tiflis verteilt. Sein Hauptsujet ist eine schwarze Katze. Sie ist einfach zu zeichnen, hat grossen Wiedererkennungswert und schliesslich mag jeder Mensch Katzen, so seine Begründung. Da er ein grosser Fantasy- und Sci-Fi Fan ist, entdeckt man dann und wann Figuren aus dem Star Wars Universum und, als wiederkehrendes Thema, ein Mädchen, das ein Alien (HR Gigers Geschöpf) an der Leine führt.
In Tiflis werden aktuell viele denkmalgeschützte Gebäude renoviert. Die Baustellen sind durch mannshohe Tafeln aus Sperrholz abgegrenzt. Da die Renovationsarbeiten aufgrund der spärlich fliessenden Gelder meist mehrere Jahre andauern, sind die Paneelen die ideale «Leinwand» für Gosha. Die Baustellenchefs stellen meist nur zwei Bedingungen: 1. keine zusätzlichen Kosten und 2. keine anstössigen Bilder. Wenn keine neuen Baustellen zur Verfügung stehen, dann tun es auch Türen und Tore von Hauseinfahrten oder Elektrohäuschen und Generatorenkästen.
Um Ärger mit dem Gesetz und mit Passanten zu vermeiden, hatte er sich früh um eine Bewilligung und ein offizielles Papier für seine Strassenkunst bemüht. Aber keine Behörde wusste, wie so eine Anfrage zu handhaben ist, und so wurde er von einem Amt zum Nächsten gereicht. Schliesslich gab er sich geschlagen und übernahm einfach das bestehende Logo der Tifliser Strassenbaubehörde, das er sofort auf seine Malfläche pinselt, sobald er mit einem neuen Werk beginnt. Er hat sich ausserdem eine orange Arbeitsweste angeschafft, die er von Hand mit «Strassenunterhalt Tiflis» beschriftete und die ihn vor unangenehmen Diskussionen schützen soll.
Mittlerweile ist Gosha eine lokale Bekanntheit und wird beim Malen öfters von Hausbesitzern angesprochen, die ihn bitten, eine hässliche Hausfassade oder ein Tor zu verschönern. Er verlangt nichts für seine Arbeit, dafür bedingt er sich künstlerische Freiheit aus. Lediglich seine Skizzen verkauft er für wenig Geld, meist an Touristen.
Er musste auch schon mal ein fertiges Bild wieder übermalen; beispielsweise als ein Ladenbesitzer reklamierte, er wolle nicht täglich einen scheusslichen Teufel sehen (das Alien), das sei schlecht fürs Geschäft und dies sei schliesslich Georgien, ein christliches Land! Für Gosha kein Problem – seine Strassenkunst lebt vom Moment, seine Bilder entstehen und vergehen mit dem Lauf der Zeit und dem Fortschritt der Bauvorhaben. Er ist sogar glücklich zu wissen, dass seine Erstlingswerke irgendwann wieder verschwinden, um neuen, ausgefeilteren Werken Platz zu machen.